Sonntag, 19. Oktober 2014

Werder Bremen: Zum Scheitern verdammt

Aaron Hunt: Spielt jetzt in Wolfsburg. Sebastian Mielitz: Aussortiert, aktuell bei Freiburg Ersatztorhüter. Lukas Schmitz: Kickt nun bei Düsseldorf. Die Liste der Spieler, die vor der laufenden Bundesliga-Saison Werder Bremen verlassen haben oder mussten, ist lang. Neben den drei genannten zog es unter anderem auch Aleksandar Ignjovski, Mehmet Ekici und Talent Niclas Füllkrug zu einem anderen Verein. 13 Spieler gab Werder vor der Saison ab, qualitativer Ersatz wurde aber nicht geholt. Im Gegenteil - Thomas Eichin und Co. waren mit ihrer Personalpolitik zum Scheitern verurteilt. 

Blauäugig ins Verderben

An dieser Stelle sei die Frage erlaubt, was bei der Kaderplanung für die Saison 2014/2015 durch die Köpfe der Werder-Verantwortlichen ging. Sinnvolle Ideen oder gute Konzepte scheinen es jedenfalls nicht gewesen zu sein. Bereits in der letzten Saison spielte Bremen wie ein Absteiger, wurde beispielsweise im Heimspiel gegen die Bayern mit 0:7 zerschossen. Am Ende stand zwar ein auf dem Papier beruhigender zwölfter Platz für Werder zu Buche - im Abstiegskampf steckte das Team von Trainer Robin Dutt dennoch lange.

Das führt zu der Erkenntnis: Der Bremer Kader war in der letzten Saison zu dünn. Ist ja kein Problem, Werder ist nicht abgestiegen und hatte in der Sommerpause genügend Zeit, gute Spieler einzukaufen. Scheinbar fanden Eichin, Dutt und Co. die Idee aber ziemlich gut, den Kader weiter vor die Wand zu fahren. Nochmal zur Erinnerung: 13 Spieler gingen, darunter auch der Leistungsträger Aaron Hunt. Da braucht es natürlich passenden Ersatz.

Also nahm Bremen ordentlich Kohle in die Hand - und holte Fin Bartels vom FC St. Pauli. Ein Spieler aus Liga zwei soll einem akut abstiegsbedrohten Verein also wieder zurück zum Erfolg verhelfen. Genau. Außerdem kamen Abwehrspieler Alejandro Galvez von Vallecano (hey, die wurden letzte Saison immerhin Zwölfter in Spanien!), Torwart und Bankdrücker Ralf Husic vom FC Bayern sowie Stürmer Izet Hajrovic von Galatasaray, der schon ein unglaubliches Tor erzielt hat. Wenn es also darum geht, eine schwache Mannschaft im Kampf gegen den Abstieg zu rüsten - die Bremer Verantwortlichen sollte man lieber nicht danach fragen, wie das geht.

Nach der sportlichen Talfahrt der letzten Jahre halfen und helfen die Zugänge nicht, Werder aus der Abstiegszone zurück ins Mittelfeld der Liga zu führen. Vergleicht man Zu- und Abgänge, hat der Kader fast sogar eher an Qualität verloren. Thomas Eichin und Co. fanden ihn dennoch ausreichend. Blauäugig und dumm, mit solchen Bedingungen in die Saison zu starten. Klar, Geld ist in Bremen knapp - aber Bremen hat schon im letzten Jahr um den Abstieg gebettelt. Mit dem diesjährigen Kader scheint der Ausflug in Liga zwei noch deutlich wahrscheinlicher.

Robin Dutt: Die ärmste Sau auf dem Platz

Auch, wenn Robin Dutt an der Kaderplanung ebenfalls beteiligt war, er kann einem nur Leid tun. Die fehlenden Euros kann er sich nicht selbst drucken, seine Qualität als Trainer hat er in Freiburg unter Beweis gestellt. Seine Spieler zeigen Woche für Woche blutleere Leistungen, von Kampf, Leidenschaft und Einsatz war nichts zu sehen - vor allem nicht in München. Ihr Gehalt haben sich die Werder-Profis aktuell jedenfalls nicht verdient.

Schade nur, dass im Fußball der Trainer derjenige ist, der die Suppe auslöffeln muss, die ihm seine Spieler eingebrockt haben. Dutt hat nicht das Material zur Verfügung, um eine schlagkräftige Truppe auf die Beine zu stellen. Hinzu kommt, dass seine Spieler Woche für Woche lustlos über den Platz traben, als hätten sie keinen Bock auf Bundesliga. Im Gegensatz zu Dutt, der sich an der Seitenlinie gefühlt mehr pro 90 Minuten bewegt als seine Feldspieler zusammen. Hilft aber alles nix, denn wenn Werder jetzt nicht eine unglaubliche Serie hinlegt, muss Dutt sein Amt räumen.

Bleibt die Frage: Kann ein anderer Trainer Werder zum Erfolg führen? Nein. Erst scheiterte Werder Urgestein Thomas Schaaf an den neuen Strukturen in Bremen, jetzt wohl auch Dutt. Bremen braucht einen Neuanfang - notfalls eben auch in Liga zwei. Schlechter als die aktuelle Mannschaft können junge Talente schließlich auch nicht spielen.

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Der Stimmungs-Check aus der Allianz Arena

Aus sportlicher Sicht hatten die Fans des FC Bayern München am Wochenende nichts zu meckern. Der Tabellenletzte aus Bremen wurde stilecht mit 6:0 weggebügelt, das Team von Trainer Robin Dutt kassierte an der Isar eine ordentliche Tracht Prügel. Bei den Fans herrscht also Friede, Freude, Eierkuchen. Oder? In den letzten Jahren war das Verhältnis zwischen dem FC Bayern und seinen Ultras zumindest nicht immer bestens. Das ist aber Geschichte. Gegen Werder zeigte sich das Publikum enorm stark. Der Stimmungs-Check direkt aus der Allianz Arena.

VOR DEM ANPFIFF:

Als die Spieler noch im Kabinentrakt verweilten, war auch auf den Rängen des Stadions nichts los. Die Südkurve München bereitete sich auf das Spiel vor, im Gästeblock war ebenfalls Stille. Zum ersten Mal laut wird es, als Stadionsprecher Stephan Lehmann die Aufstellung des Heimteams verkündet. Dabei machte zwar auch in der Vergangenheit die meisten Zuschauer im Stadion mit, in dieser Saison wirkt die Verkündung der Aufstellung aber noch energischer, noch lauter. Gänsehaut-Stimmung für Bayern-Fans. Als die Spieler den Platz betreten, melden sich die Bremer Anhänger zu Wort. Sie halten ein Banner hoch, "Keine Panik auf der Titanic" steht darauf. Kurze Zeit später legt die Südkurve München los. Von den Gästen ist nun nichts mehr zu hören. Die 71.000 Zuschauer auf den Rängen werden wach.

WÄHREND DES SPIELS:

"Super Bayern, super Bayern, hey, hey", schallt es kurz vor dem Schlusspfiff durch die Arena. Gefühlt singen beim Stande von 6:0 für die Münchner aber nicht nur die Fans in der Südkurve mit, viele Zuschauer aus dem ganzen Stadion stimmen mit ein. Für Münchner Verhältnisse ungewohnt - aber für die Stimmung natürlich gut. Auch die Nordkurve singt fleißig mit, klatscht und ruft im Takt zur Südkurve. Nach dem "Auf geht´s ihr Roten" abwechselnd von beiden Kurven durch das Stadion geschmettert wurde, gibt die Süd anerkennenden Applaus. Zurecht, denn heute fruchten die Versuche der Ultras, alle Fans im Stadion mitzureißen.

Auch die Bremer Fans bekommen noch eine Spitze ab: Minutenlang skandieren die Münchner "Wieder alles im Griff" von Jürgen Drews - in Anlehnung an das Transparent der Werder-Ultras kurz vor Spielbeginn. Nachdem Köln das 2:1 gegen Dortmund erzielt hatte, gibt es sogar noch ein ironisch gemeintes "Wer wird Deutscher Meister, BVB Borussia". Spätestens zu diesem Zeitpunkt stellen sich bei jedem Fan im Stadion die Nackenhaare auf. Alles für den FC Bayern - dieses Motto hat die Sürdkurve im Spiel gegen Bremen gelebt. Kurz vor Schluss gab es mit dem Bayern-Walzer auch noch eine kleine Tanzeinlage. Nach dem 6:0 war einfach allen zum Feiern zumute. Davon profitierte die Stimmung in der Allianz Arena. Die war auch im Spiel gegen Bremen konstant gut - wie schon in allen anderen Heimspielen der aktuellen Saison. Die Fans des FC Bayern haben sich im Vergleich zu den Vorjahren enorm gesteigert. Vom "Klatschpappen-Publikum" ist aktuell nichts mehr zu sehen.

NACH DEM SPIEL:

Die Fans feierten ihre Spieler gebührend, die auch eine extra lange Ehrenrunde durch das Stadion drehten. Klar - 6:0 gewinnt man eben nicht jedes Spiel. Nachdem die Spieler wieder in den Katakomben der Allianz Arena verschwunden waren, machten sich auch die Fans auf den Heimweg. Was blieb waren die Eindrücke von der Südkurve München, die sich in dieser Saison in toller Form zeigt und es sogar schafft, mehr und mehr Fans im ganzen Stadion mitzureißen. Die Kritik, in München wäre keine Stimmung, ist veraltet.

Und was war jetzt mit den Zuschauern im Gästeblock? Gerne hätte ich die beeindruckenden Anfeuerungsrufe der Ultras aus Bremen berichtet. Ähnlich wie die Mannschaft auf dem Feld waren auch die Zuschauer in Grün und Weiß blass. Gegen die Südkurve München kamen die Bremer Zuschauer an diesem Tag nicht an.

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